
"Könnte viel Leid ersparen": Neuer Krebstest sagt Erfolg von Chemotherapien voraus
Erst kürzlich entdeckten Forscher in Jahrtausende alten Gräbern ein neues Mittel gegen Krebs, jetzt macht ein neuer Test Krebspatienten Hoffnung.
Möglich wird die neue Prognose durch eine Analyse charakteristischer Muster in der Krebs-DNA. Ein solcher Biomarker-Test ebnet den Weg für eine individuellere Krebsbehandlung, wie das Team in „Nature Genetics“ berichtet.
Neuer Test zeigt Krebspatienten, ob Chemotherapie anschlägt
Wer an Krebs erkrankt, erhält in der Regel eine Chemotherapie. Diese besteht aus einem Medikamenten-Cocktail, der Krebszellen meist sehr effektiv abtötet und damit viele Leben rettet.
Allerdings sind die Chemikalien auch für gesunde Körperzellen toxisch, was bei den Patienten oft zu unangenehmen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwäche und Schmerzen führt. Langzeitfolgen können zudem Hirnschäden sein, Herzschwäche oder gar Blutkrebs.
Hinzu kommt, dass die Chemotherapie nicht in allen Fällen anschlägt. „Zwischen 20 und 50 Prozent der Krebspatienten sprechen nicht auf diese Medikamente an“, sagt Seniorautor Geoff Macintyre vom spanischen Nationalen Krebsforschungszentrum (CNIO) in Madrid.
Denn die Zellen ihrer Tumore sind resistent gegen die verwendeten Wirkstoffe. Abhilfe könnte hierbei ein Test verschaffen, der schon vor Therapiebeginn deren Wirkung prognostiziert.
Test wertet DNA-Muster der Krebszellen aus
Einen solchen Test hat nun ein Team um Macintyre und seinen Kollegen Joe Thompson entwickelt.
Dafür wird eine Biopsie-Probe des Tumors entnommen und die DNA in den Krebszellen vollständig sequenziert. Der Test sucht in diesem Krebserbgut dann nach Mustern, die von gesunden Körperzellen abweichen – sogenannte chromosomale Instabilitätssignaturen (CIN).
Das können unter anderem Veränderungen einzelner Gene oder der Chromosomen-Anzahl innerhalb des Tumors sein.
„Unsere Technologie verknüpft Muster der DNA-Mutation mit den Mechanismen, die den Schaden verursacht haben. Dies ermöglicht eine Auslesung der defekten Biologie im Tumor, die wir nutzen können, um eine Resistenz gegen den Wirkmechanismus gängiger Chemotherapien vorherzusagen“, erklärt Macintyre.
Studie mit Krebspatienten bestätigt Wirkung
Wie gut dieser Ansatz funktioniert, haben die Forschenden anhand der Daten von 840 Patienten mit verschiedenen Krebsarten untersucht: Brust-, Prostata- und Eierstockkrebs sowie Sarkome.
Die Patienten hatten die von ihrem Arzt empfohlene Chemotherapie erhalten. Anschließend teilten die Forschenden die Tumore der Patienten mithilfe des Tests in „chemotherapieresistent“ oder „chemotherapieempfindlich“ ein – sie sagten also voraus, ob er auf die angeordnete Therapie ansprechen würde oder nicht. Diese Prognosen glichen sie mit den Ergebnissen der realen Behandlungen ab.
In einem virtuellen Modell erhielten die Patienten zudem jeweils eine andere Art der Chemotherapie. Das Team ermittelte bei dieser simulierten Studie, ob und wann diese fiktive Behandlung aufhörte zu wirken.
Test erkennt Resistenz gegen drei gängige Chemotherapien
Die Studie ergab: Bei Patientinnen mit Eierstockkrebs oder metastasiertem Brustkrebs sowie Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs, bei denen der Test eine Resistenz gegen eine Taxan-Chemotherapie vorhergesagt hatte, versagte diese Behandlung tatsächlich deutlich öfter als bei Krebspatienten ohne eine solche Prognose.
Ebenso versagte die Behandlung häufiger bei Patientinnen mit Eierstock- oder metastasierendem Brustkrebs, denen der Test eine Resistenz gegen eine Anthrazyklin-Chemotherapie vorhergesagt hatte. Dasselbe galt für Patientinnen mit Eierstockkrebs und prognostizierter Resistenz gegen eine Platin-Chemotherapie.
Der Test kann demnach anhand der CIN-Biomarker die Resistenz gegen die Behandlung von drei gängigen Arten von Chemotherapien – platinbasierte, Anthrazyklin- und Taxan-Chemotherapie – zuverlässig vorhersagen, schließt das Team.
„Unser genomischer Test quantifiziert Biomarker für den gezielten Einsatz von drei Chemotherapien“, sagt Thompson. „Dieser Test kann auf viele verschiedene Krebsarten angewendet werden, und daher könnten unsere Ergebnisse jedes Jahr Hunderttausenden von Patienten zugutekommen.“
Höhere Erfolgschance - weniger Leiden
Die Forschenden hoffen, in Zukunft von jedem Krebspatienten bei der Diagnose eine Tumorprobe sequenzieren und auf mögliche Medikamenten-Resistenzen testen zu können. Das würde helfen, vorab die individuell vielversprechendste Chemotherapie-Form auszuwählen und die Chancen auf Behandlungserfolg steigern.
Zugleich würde man vermeiden, dass Patienten unnötig Medikamente erhalten, die bei ihnen nicht wirken – dies würde ihnen einige Nebenwirkungen und viel Leid ersparen.
„Wenn man versteht, wer am ehesten darauf anspricht, könnte die Chemotherapie zu einer maßgeschneiderten Behandlung für verschiedene Krebsarten werden“, so Koautor James Brenton von der University of Cambridge.
Weitere klinische Studien sollen 2026 starten
„Es war uns wichtig, einen Test zu entwickeln, der leicht in der Klinik eingesetzt werden kann, indem wir Material verwenden, das wir bereits bei der Diagnose sammeln, sowie etablierte genomische Sequenzierungsmethoden“, betont Koautorin Ania Piskorz von der University of Cambridge.
„Der Test basiert auf der vollständigen DNA-Sequenz, die wir von diesen Standard-Methoden erhalten. Wir können ihn so anpassen, dass er andere genomische Sequenzierungsmethoden ergänzt, die üblicherweise zur Personalisierung der Krebsbehandlung verwendet werden.“
Die Lizenz für die Test-Technologie besitzt inzwischen die Firma Tailor Bio, eine Start-Up-Ausgründung der Cambridge University. Das Unternehmen entwickelt den Test derzeit mit mehr Patientendaten weiter, um mehr Kombinationen von Wirkstoffen und Krebstypen zu analysieren.
Aus den jeweiligen CIN-Signaturen leiten die Forschenden dann gezielte Behandlungsstrategien für weitere Krebsarten ab.
Noch ist der Test nicht für den Einsatz in der Klinik zugelassen. Doch das wollen die daran beteiligten Forschenden demnächst bei den Aufsichtsbehörden beantragen. Erste klinische Studien sollen dafür ab 2026 starten.
Ein Krebs, von dem kaum einer spricht, breitet sich aus – was Sie wissen müssen
(Nature Genetics, 2025; doi: 10.1038/s41588-025-02233-y)
Quellen: Cancer Research UK, Centro Nacional de Investigaciones Oncológicas (CNIO)
Das Original zu diesem Beitrag "Neuer Test sagt Erfolg von Chemotherapien voraus" stammt von scinexx.