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Riesiger Fortschritt in der Alzheimer-Diagnose! Erster Bluttest zugelassen

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat erstmals einen Bluttest zugelassen, der Hinweise auf typische Veränderungen im Gehirn liefert, wie sie bei Alzheimer vorkommen – und damit eine Debatte unter Fachleuten ausgelöst. Der neue Amyloidtest erkennt, ob sich bestimmte Eiweiße, sogenannte Amyloid-Plaques, im Gehirn abgelagert haben.

Doch Vorsicht: Der Test weist keine Alzheimer-Erkrankung nach, sondern lediglich eine Alzheimer-Pathologie, wie es in einem aktuellen Bericht der Fachzeitschrift "JAMA Network" heißt. Das ist ein Unterschied – vor allem bei Menschen ohne Symptome. Denn selbst wenn der Test positiv ausfällt, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Demenz vorliegt. Allenfalls lässt sich daraus ein erhöhtes Risiko ableiten.

Viele Fehldiagnosen in der Vergangenheit

Ein einfacher Zugang zu einem solchen Test könnte vieles verändern. Bislang fehlte eine leicht verfügbare Möglichkeit, Amyloid im Gehirn nachzuweisen – und genau das führte bei Patienten mit Gedächtnisproblemen in Facharztpraxen zu Fehldiagnosen in mehr als 25 Prozent der Fälle, wie eine schwedische Studie herausfand. Die Unsicherheit über die wahre Ursache ihrer Beschwerden belastet viele Betroffene zusätzlich.

Entwickelt vom Unternehmen Fujirebio Diagnostics soll der Test helfen zu entscheiden, ob eine Behandlung mit modernen Antikörpern in Frage kommt. Das macht ihn medizinisch bedeutsam – und zugleich heikel. Einige Experten befürchten, dass ein unkritischer Einsatz mehr Schaden als Nutzen bringen könnte.

Einfacher Zugang, geringere Belastung, niedrigere Kosten

Bislang mussten Patienten aufwendig untersucht werden, um Hinweise auf Amyloid im Gehirn zu finden. Entweder per Positronen-Emissions-Tomographie (PET), bei der radioaktive Substanzen injiziert werden – oder durch eine Lumbalpunktion, bei der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit aus dem unteren Rücken entnommen wird. Beide Methoden sind teuer, belastend und nicht überall verfügbar. Der neue Bluttest hingegen bringt einige Vorteile mit sich:

  • Er kann in jedem zertifizierten Labor durchgeführt werden.
  • Er ist weniger invasiv.
  • Er kostet voraussichtlich nur wenige hundert Dollar.

Zudem entfällt die weitere Hürde: Es ist kein Klinikbesuch mit aufwendigen Untersuchungsmethoden mehr nötig – eine einfache Blutprobe reicht.

Daher sind sich Fachleute in diesem Punkt einig: Der Bluttest kann die Alzheimerdiagnose für Menschen mit leichten kognitiven Problemen oder einer leichten Demenz erheblich erleichtern.

Bluttest erkennt Amyloid mit hoher Trefferquote

Der „Lumipulse G pTau217/β-Amyloid 1-42 Plasma Ratio Test“ ist für Menschen ab 50 Jahren mit Gedächtnisproblemen gedacht. In der Studie mit 499 Patienten stimmte das Bluttestergebnis laut FDA in rund 92 Prozent der Fälle mit den bisherigen Verfahren überein, wenn Amyloid vorlag – und in 97 Prozent der Fälle, wenn kein Amyloid gefunden wurde. Allerdings lag jeder fünfte Test im Graubereich zwischen den Grenzwerten. Für diese Patienten bleiben PET-Scan oder Lumbalpunktion weiter notwendig.

Bluttest zeigt nur biologische Spuren – keine sichere Alzheimer-Diagnose

Trotz der Fortschritte sollte man den neuen Bluttest kritisch betrachten. „Das ist ein Test für biologische Marker, nicht dafür, ob Symptome vorliegen“, betont der Neurologe David Knopman von der Mayo Clinic. Er misst lediglich, ob Amyloid-Ablagerungen vorhanden sind – nicht, ob jemand tatsächlich Alzheimer hat.

Geriaterin Heather Whitson ergänzt: „Ein positiver Test kann dazu führen, dass Ärzte nicht mehr nach anderen Ursachen suchen – etwa einer Schilddrüsenunterfunktion oder Depression.“

Viele Menschen mit Amyloid bleiben lange gesund

Ein weiterer Punkt, den viele unterschätzen: Amyloid im Gehirn bedeutet nicht automatisch eine Erkrankung. Rund 30 Prozent der gesunden über 60-Jährigen haben laut Autopsiestudien solche Ablagerungen – ohne je Symptome zu entwickeln.

Bei unklarer kognitiver Verfassung sollte auf den Test verzichtet werden, da er nicht zur Diagnose kognitiver Beeinträchtigungen entwickelt worden sei, mahnt Neurologe Sayed Ahmad Sajjadi.

Neue Alzheimer-Medikamente wirken nur bei eindeutigem Amyloid-Nachweis

Was den Bluttest dennoch relevant macht: Die jüngst zugelassenen Alzheimer-Medikamente Lecanemab und Donanemab zielen genau auf Amyloid-Plaques im Gehirn, heißt es im "JAMA"-Bericht. Beide sind jedoch teuer, mit Nebenwirkungen behaftet – und nur für Patienten geeignet, bei denen Amyloid sicher nachgewiesen ist.

In Studien trat bei 22 Prozent der Behandelten eine sogenannte ARIA auf, eine Hirnschwellung oder Einblutung. Zwei Patienten hatten schwere Symptome. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Auswahl – und dafür kann der neue Bluttest eine erste Entscheidungshilfe sein.

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Bluttest soll gezielt von Spezialisten eingesetzt werden – nicht auf Verdacht

Offiziell ist der Test für Spezialisten gedacht, die Patienten mit kognitiven Problemen betreuen. „Er ist nicht dafür gedacht, um auf bloßen Verdacht getestet zu werden“, erklärt Matthew Bell von Fujirebio. Doch genau das könnte passieren – etwa in Hausarztpraxen, in denen keine gründliche neurologische Abklärung erfolgt.

Whitson sieht in der wachsenden Verfügbarkeit Chancen und Risiken zugleich, ein „zweischneidiges Schwert“: „Dieser Test kann unglaublich hilfreich sein – aber auch viel Schaden anrichten, wenn er falsch eingesetzt wird.“

Viele hoffen auf Gewissheit – doch es bleibt kompliziert

Laut einer Umfrage der Alzheimer’s Association würden mehr als 90 Prozent der über 45-Jährigen den Bluttest machen lassen – wenn er verfügbar ist. Der Wunsch nach Klarheit ist groß. Doch nicht immer bringt der Test sie auch. Denn auch ein positives Ergebnis muss nicht heißen, dass eine Alzheimer-Erkrankung bevorsteht. Und ein negatives Testergebnis ersetzt keine gründliche Abklärung anderer möglicher Ursachen – wie Depression, Stress oder Schlafmangel.

Die Fachwelt bereitet deshalb Leitlinien vor, um den Einsatz solcher Bluttests klar zu regeln. Erste Empfehlungen sollen im Juli auf einem internationalen Kongress vorgestellt werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Die FDA hat erstmals einen Bluttest zugelassen, der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn nachweisen kann – ein typisches Merkmal bei Alzheimer.
  • Der Test liefert keine Diagnose, sondern erkennt lediglich eine Alzheimer-Pathologie und soll helfen, den Einsatz neuer Antikörpertherapien besser zu steuern.
  • Fachleute warnen vor einem unkritischen Einsatz, da ein positives Testergebnis nicht automatisch bedeutet, dass eine Demenz vorliegt – gerade bei Menschen ohne Symptome.

Das Original zu diesem Beitrag "Erster Bluttest für Alzheimer-Biomarker freigegeben – Fachleute warnen vor falschen Erwartungen" stammt von Smart Up News.