
Experte wird deutlich: Bei Hitzewellen gibt es keinen Grund zur Panikmache
Das Allerwichtigste zuerst: Hitzewellen per se sind kein Grund zur Panik und Angstmache. Gesunde Menschen können sich auf die höhere Temperatur einstellen und gelassen beobachten, wie sich die erhöhte Außentemperatur bei ihnen auswirkt.
Statt einer generellen „Warnung vor Hitze“ sind spezifische Maßnahmen für diejenigen notwendig, die gefährdet sind: Ausreichend Geld, um Kühlsysteme für alle Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime sowie Hospize zu finanzieren.
Dazu ein ausreichend geschultes Personal. Und wir Gesunden: Wir sollten auch die schönen Seiten des Sommers genießen, denn wir wissen: Für eine Dramatisierung gesundheitlicher Folgen gibt es keinen Grund.
Zu den Hintergründen einer Hitzewelle: Eine eine Temperatur über 28 Grad über drei Tage gilt als Hitzewelle. Als gefährdet gelten Menschen über 65, Kleinkinder und Säuglinge (sowie Tiere). Das Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichte dazu: „Im Jahr 2022 kam es laut RKI zu einer Übersterblichkeit von etwa 4500 Menschen. Für den Sommer 2023 wurden rund 3200 und für den Sommer 2024 rund 3.000 hitzebedingte Sterbefälle für Deutschland vom RKI geschätzt. Den mit Abstand höchsten Anteil bilden Personen im Alter von 75 Jahren oder älter.“
Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland 2018 es zu 8700, 2019 es zu 6900 und 2020 es zu 3700 Todesfällen durch Hitze kam. Stimmt die Aussage „hitzebedingt“ oder „durch Hitze“?
Wie belastbar sind solche Zahlen? Die Daten sind aus mehreren Gründen nicht belastbar: (i) Trotz immer neuer Hitzerekorde steigt die Übersterblichkeit nicht weiter. (ii) Studien berechnen nur die Übersterblichkeit, da es keine Daten über Hitze verursachte Todesfälle gibt.
Nur in seltenen Fällen kann der den Tod feststellende Arzt die Todesursache als durch Hitze verursacht erkennen (z.B. ein Dachdecker erleidet einen Hitzschlag) und mit dem dafür vorgesehenen ICD-Code T67 verschlüsseln.
Daher prüfen die Forscher, ob während einer Hitzeperiode mehr Menschen sterben, als erwartet. Die Probleme dieser Berechnung sind aus der Corona-Zeit bekannt: „Wegen Corona“ oder „mit Corona an einer anderen Erkrankung“ verstorben kann genauso wenig unterschieden werden, wie „während“ und „wegen“ der Hitze verstorben.
Niemand spräche über das Thema Hitze, würden nur die vom Arzt als durch Hitze verursachten Todesfälle aufgelistet!
Dazu ein anderer Aspekt: Die Dramatisierung fiele weg, würde man erst ab 30 Grad über eine Hitzewelle sprechen.
Die vom Umweltbundesamt geäußerte Vermutung, dass die in manchen Jahren sinkenden Todeszahlen auf den Nutzen der Hitzewarnung und der Hitzeschutzpläne zurückzuführen sei, kann weder bewiesen noch widerlegt werden. Gegen diese Vermutung spricht, dass die Qualität der Daten solch eine Aussage nicht hergibt.
Mitmachen beim Drama oder ein unaufgeregter Umgang mit Hitzewellen? Die Dramatisierung geschieht nach bekanntem Muster: Es gibt die jährlich sich wiederholenden Meldungen von einem Kind, das vor dem Einkaufszentrum im Auto vergessen wurde. Oder von Hunden die in letzter Minute aus dem Auto gerettet werden, gefolgt von einem Hinweis auf Tausende angeblicher Hitzetote.
Wäre es mit der Gefahr durch Hitze so schlimm, wie oft behauptet, dann müssten Menschen in Ländern mit höheren Temperaturen und einem Gesundheitssystem vergleichbar mit Deutschland früher versterben.
Doch das Land mit der höchsten Lebenserwartung in Europa ist Spanien. Dort ist es in großen Teilen des Landes heiß – und dennoch ein begehrtes Urlaubsziel. Alljährlich reisen hunderttausende Deutsche in noch heißere Länder und Regionen um zu wandern, zu baden, sich sehr wohl zu fühlen und zu erholen.
Die Angsterzeugung vor Hitze speist sich unter anderem aus Berichten von Krankenkassen. Sind alle die in solchen Berichten erwähnten Hitzefolgen wirklich Erkrankungen, Einschränkungen der Gesundheit, oder Befindlichkeitsstörungen? Eine Veränderung des Befindens mag äußerst unangenehm sein, aber nicht in jedem Fall gefährlich, bzw. eine Krankheit:
In dem Report der DAK, der auf Meldungen, standardisierten und nicht (!) standardisierten Befragungen beruht, flossen folgende Beschwerden ein: Vermehrte Schweißneigung, Müdigkeit, beeinträchtigter Schlaf, Appetitlosigkeit.
Hätte man nur die tatsächlich mit Hitze in Zusammenhang stehenden Erkrankungen aufgenommen, die wirklich einer ärztlichen Therapie bedürfen (und nicht allgemeiner Ratschläge), wäre das Thema beendet. Interessant wäre zu erfahren, wie viele derjenigen, die diese Symptome als Gesundheitsstörung bei der DAK angaben, dennoch ihren wohlverdienten Urlaub in heißen Regionen genossen haben.
Kein Wunder, dass in den Originalarbeiten die Wissenschaftler die Belastbarkeit ihrer Daten viel stärker einschränken als in den dramatisierenden Pressemitteilungen. Die Dramatisierung lenkt von der eigentlichen Aufgabe ab: Statt genereller Angstmacherei ist ein gezieltes Hilfsangebot für diejenigen notwendig, die wirklich gefährdet sind.
Wie zielgenau sind die bisherigen Hitzeschutzpläne? Der Hitzeschutzplan des Gesundheitsministeriums empfiehlt allgemeine Maßnahmen. Dazu zählen eine ausreichende Trinkmenge, Zugang zu kühlen Getränken, Zugang zu kühlen Räumen, sowie die Anpassung der sportlichen und beruflichen Aktivitäten an die Hitze.
Das Problem dieses Planes: Das machen diejenigen, die sich helfen können so wie so. Manche Gesunde übertreiben es sogar mit dem Trinken und verlassen sich nicht auf das natürliche Durstgefühl.
Was nutzen diese Ratschläge denen, die wirklich gefährdet sind? Gefährdet sind u.a. pflegebedürftige Menschen, die nicht mehr selbstständig trinken können und wollen, Menschen, die in den letzten Wochen ihres Lebens das Essen und Trinken einstellen oder sehr reduzieren, weil sie den Tod vor Augen haben, manche Behinderte und chronisch Kranke. Für einige kommt der Tod in dieser Zeit erwartet und gnadenvoll. Andere hingegen leiden unnötig und sterben, weil sie nicht ausreichend geschützt werden. Tun wir für diese Gruppe genug?
Das Problem der unnötigen Dramatisierung: Da mit großen Zahlen Alarm für viele geschlagen wird, besteht die Gefahr, mit beruhigtem Gewissen die wirklich betroffenen zu übersehen. Die mangelnde Differenzierung zwischen Befindlichkeitsstörung und Erkrankung und die falsche Dramatisierung durch nicht belastbare Hochrechnungen führen die Diskussion auf ein falsches Gleis.
Wäre es nicht sinnvoller Luftkühlungssysteme in ältere Krankenhäuser und Pflegeheime einzubauen? Als jemand der mitverantwortlich für Neubauten und Umbauten von Krankenhäusern war, kann ich über die mangelnde Finanzierungsbereitschaft für die Kühlung von Räumen berichten, in denen kranke, pflegebedürftige, oder sterbende Menschen liegen.
Etliche industrielle Arbeitsplätze (wenn auch nicht alle) sind besser ausgestattet, als Krankenhäuser, Hospize und Pflegeheime. Ich habe selber auf Stationen eines modernen Klinikums gearbeitet, in dem für uns Gesunde an heißen Tagen das Tragen des weißen Kittels zur Qual wurde.
Statt allgemeiner Panikmache, benötigt es eine präzise Gefährdungsanalyse und konsequente Gefährdungsbehebung. Statt Dramatisierung ist die Finanzierung von Kühlsystemen in allen Krankenhäusern, Pflegeheimen und Hospizen nötig.
Nicht Gefahr für alle, sondern Hilfe für die wenigen, aber nicht weniger wichtigen Menschen, ist das Gebot der Stunde. Denn wir Gesunde – deswegen fühlen wir uns bei Wärme im Urlaub so wohl – haben anders als Kranke, eine Möglichkeit uns bei vernünftigem Verhalten an Hitze anzupassen.
Die Anpassung an Hitze: Die Evolution hat uns aus heißen in kältere Gebiete geführt. Unser Körper hat sogenannte „Adaptations-Mechanismen“ an die Hitze. Im Hypothalamus (einem Gehirnbereich im Zwischenhirn) helfen spezialisierte Nervenzellen unsere Körpertemperatur konstant zu halten und sich an Hitze zu gewöhnen. Werden in Mäusen diese Zellen angeschaltet, können selbst die nicht an Hitze gewöhnten Mäuse die Hitze gut aushalten. Werden diese Zellen ausgeschaltet, fällt die Hitzegewöhnung aus.
In einer anderen Studie trainierten Menschen bei 35 Grad Celsius für 10 Tage. Danach wurde die Temperatur der Finger und die Weitstellung der Gefäße beim Eintauchen der Hand in kaltes Wasser untersucht. Das tägliche Training bei 35 Grad Celsius verstärkte die Weitstellung der Gefäße!
Die Gewöhnung an Wärme half Wärme nach außen abzugeben und Kälte auszuhalten. Diese Daten passen gut zu der Beobachtung, dass die allermeisten Menschen mit Hitze gut umgehen können - solange sie Vernunft walten lassen.
Leider wissen wir zu wenig über den Wegfall der Wärmeadaptation bei alten und chronisch kranken Menschen. Dringend nötig sind Forschungsarbeiten, um Teste zu entwickeln, die es erlauben bei alten und chronisch kranken Menschen den Verlust der Hitzeadaptation nachzuweisen.