
Millionen OPs sind unnötig – welche Fragen Sie vorher stellen sollten
Operationen können Leiden lindern und Leben retten. Immer wieder wird diskutiert, ob wirklich jeder operative Eingriff notwendig ist. Die Anzahl der stationären und ambulanten Eingriffe hat in den letzten Jahren insgesamt deutlich zugenommen. Die Corona Pandemie führte zu einem deutlichen Einbruch bei Krankenhausfällen. Ab 2024 stiegen die Fallzahlen wieder leicht an, blieben jedoch insgesamt unter dem Niveau von 2019.
Es gibt deutliche Unterschiede in der Entwicklung der OP-Zahlen zwischen den Bundesländern. Beispielsweise werden in Bayern deutlich häufiger Knieprothesen eingesetzt als in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern. Die Operationsrate kann sich je nach Bundesland um das 1,7-Fache unterscheiden, auf Kreisebene sogar um das Dreifache. Faktoren wie Versorgungsdichte, sozioökonomische Bedingungen und das Angebot an Fachärzten beeinflussen diese Unterschiede erheblich.
In Deutschland werden jährlich etwa 17,6 Millionen Operationen durchgeführt, wobei Schätzungen zufolge bis zu 30 Prozent dieser Eingriffe medizinisch nicht notwendig sind. Dies entspricht etwa 5,3 Millionen überflüssigen Operationen pro Jahr. Beispiele hierfür sind rund 70.000 Schilddrüsenoperationen, bei denen in 90 Prozent der Fälle keine bösartige Veränderung vorliegt sowie zahlreiche Knie- und Hüftgelenkoperationen, die oft ohne ausreichende Indikation erfolgen.
Hohe Risiken durch unnötige Operationen
Einige Operationen gelten als besonders häufig überflüssig, da sie oft keinen klaren medizinischen Nutzen bringen oder alternative Behandlungen effektiver sein könnten. Dazu gehören:
- Wirbelsäulenoperationen: Häufig durchgeführt, aber oft ohne langfristigen Nutzen bei Rückenschmerzen.
- Kniegelenkspiegelungen (Arthroskopien): Bei Arthrose meist wirkungslos; seit 2016 nicht mehr von Krankenkassen bezahlt.
- Hüft- und Kniegelenkprothesen: Oft voreilig eingesetzt, obwohl Physiotherapie helfen könnte.
- Schulteroperationen: Besonders bei Impingement-Syndrom fraglicher Nutzen.
Eine unnötige Operation ist umso ärgerlicher, wenn es zu Komplikationen kommt. Die genaue Zahl der Patienten, die nach überflüssigen Operationen an Komplikationen leiden, ist schwer zu beziffern. Schätzungen zufolge treten bei sieben bis elf Prozent aller nicht-kardialen Eingriffe Komplikationen auf, wobei 42 Prozent dieser Fälle kardiovaskulär bedingt sind.
Postoperative Delirien betreffen bis zu 40 Prozent der Patienten, insbesondere ältere Menschen. Studien zeigen zudem, dass unnötige Operationen wie Hüft- oder Wirbelsäuleneingriffe das Risiko für Nachblutungen, Infektionen und Thrombosen erhöhen.
Komplikationsraten variieren erheblich zwischen verschiedenen Kliniken. Einige Beispiele häufig durchgeführter Operationen :
- Prostataoperationen: Die Komplikationsrate reicht von 12,6 Prozent in den besten bis mindestens 27,4 Prozent in den schlechtesten Kliniken.
- Hüftgelenkimplantationen: Kliniken mit unterdurchschnittlicher Qualität haben eine Komplikationsrate von bis zu 10,4 Prozent, während sie bei den besten Kliniken nur 3,2 Prozent beträgt.
- Kniegelenkersatz: Die besten Kliniken weisen maximal 2,6 Prozent Komplikationen auf, die schlechtesten mindestens 6,1 Prozent.
- Mandeloperationen: Nachblutungen treten in den besten Kliniken bei bis zu 2,3 Prozent, in den schlechtesten bei mindestens 6,8 Prozent der Fälle auf.
Diese Fragen sollten Sie vor einer Operation stellen
Vor einer Operation sollten Sie Ihrem Arztwichtige Fragen stellen, um gut informiert zu sein und die Risiken sowie den Nutzen des Eingriffs abzuwägen. Hier sind einige zentrale Fragen:
Grund der Operation
- Warum soll ich operiert werden?
- Gibt es Alternativen zur Operation?
- Was passiert, wenn ich mich nicht operieren lasse?
Details zur Operation
- Welche Technik wird angewendet und warum?
- Wie lange dauert der Eingriff?
- Wird eine Vollnarkose oder örtliche Betäubung eingesetzt?
Risiken und Nachsorge
- Welche Komplikationen können auftreten?
- Wie lange dauert die Heilung?
- Werde ich Hilfe zu Hause benötigen?
Klinik und Erfahrung
- Wie oft wird dieser Eingriff in der Klinik durchgeführt?
- Wer führt die Operation durch, und welche Erfahrung hat diese Person?
Kosten und Organisation
- Werden alle Kosten von der Krankenkasse übernommen?
- Ist eine Rehabilitation notwendig, und wer organisiert diese?
Notieren Sie Ihre Fragen vorab und nehmen Sie eine Vertrauensperson zum Gespräch mit, um alle Antworten festzuhalten.
Eigenverantwortung kann Operationen vermeiden
Die Eigenverantwortung und Mitarbeit von Patienten spielen eine zentrale Rolle bei der Behandlung von Gelenkschmerzen, insbesondere bei chronischen Erkrankungen wie Arthrose. Studien zeigen, dass durch Selbstmanagement-Programme, Physiotherapie und angepasste Bewegung, Schmerzen reduziert und Operationen hinausgezögert werden können.