
Felix Brych spricht offen über physische und mentale Belastung als Schiedsrichter
Brych hält den Rekord des meisteingesetzten Schiedsrichters der Fußballbundesliga, pfiff in der Champions-League und bei Weltmeisterschaften. Sieben Mal war er DFB-Schiedsrichter des Jahres, zwei Mal Weltschiedsrichter. Rund 1,5 Monate nach seinem Karriereende spricht der 49-Jährige auf der Bühne des BCN Health Lab in München darüber, wie sehr ihn sein Beruf erfüllt hat - aber auch über die physischen und mentalen Herausforderungen seiner aktiven Zeit.
Bei aller Freude an seinem spannenden Job habe ihn in all den Jahren stets auch der Druck begleitet, sich auf das nächste Spiel vorzubereiten, erzählt Brych in dem Gesundheits-Talk. Während die Mannschaften inzwischen bis zu fünf Mal auswechseln dürfen, habe er stets gewusst: „Ich muss mindestens 90 Minuten durchhalten“ – und dabei bis zum Schluss wach und frisch sein.
Körper musste immer wieder Grenzen überschreiten
„Mit fast 50 musste ich 20-Jährigen hinterherlaufen“, sagt Brych. In seinen 20ern und 30ern habe er sich mit dem Training leichter getan – mit zunehmendem Alter habe er sein Training, seine Ernährung und sonstige Vorbereitung viel besser abstimmen müssen, um weiter mithalten zu können. Denn das wollte er unbedingt: „Ich habe versucht, immer noch eins draufzusetzen, ich wollte möglichst lange pfeifen.“ Sein Körper habe dafür immer wieder Grenzen überschreiten müssen.
Ab 40 habe er dann gemerkt: „Es kommen immer wieder dieselben Wehwechen.“ Auch seine Organe seien durch den Rhythmus aus Training und Spielen überlastet gewesen. Deshalb probierte er auch neue Therapieansätze aus, so hätten ihm Akupunktur-Sitzungen wirklich geholfen.
2023 wurde er hart ausgebremst: Bei seinem 344. Bundesligaspiel zog er sich einen Kreuzbandriss zu. „Mit 48 Jahren ein Kreuzbandriss - das ist schon nicht ohne für den Körper", sagt Brych. Doch er hat es geschafft, sich zurückzukämpfen und stand nach der Verletzungspause wieder auf dem Platz für seine letzte Saison.
„Das hat an mir genagt“
Bei dem Talk im Rahmen des BCN Health Lab unter dem Motto „Trust in Health“ fragt Festl Brych auch nach seinen schwersten Momenten als Schiedsrichter. Brych schildert offen, wie sehr ihn Fehlentscheidungen belastet haben. Zum Beispiel das Phantomtor von Stefan Kießling 2013. „Das hat an mir genagt – ich konnte nicht glauben, dass ich so dumm bin und ein Tor gebe, das keines war“, sagt Brych.
Um nach solch einer Situation den Mut zu finden, wieder auf den Platz zu gehen, habe er angefangen, mit einem Mentaltrainer zu arbeiten. „In guten Zeiten macht es unglaublich viel Spaß – in schlechten musst du dich überwinden, wieder auf den Platz zu gehen.“ Ursprünglich habe er sich mal vorgenommen, bis 50 als Schiedsrichter aktiv zu bleiben. Das habe er (fast) geschafft. Im Mai - nur knapp drei Monate vor seinem 50. Geburtstag - war Schluss. In seiner letzten Saison wurde Brych noch ein weiteres Mal zum Schiedsrichter des Jahres gekürt.
Zum Training geht Brych weiter. „Ich hab zwar (als aktiver Schiedsrichter) aufgehört, aber ich hab mit den Ärzten entschieden, dass ich weiter trainiere, die Muskulatur weiter stärke, damit nichts weiter passiert. Ich möchte weiter Sport machen, aber nicht mehr auf dem Niveau." Dass beim Training jetzt auch mal 40 Minuten reichen, sei ein gutes Gefühl.
Auf der Bühne in München wird deutlich: Für Brych war es ein Traum, Schiedsrichter zu sein - einen, den er dank eiserner Disziplin lange leben konnte. Doch nun genießt er es, den permanenten Druck hinter sich zu lassen - und freut sich auf das nächste Kapitel, in dem er in der Talententwicklung des DFB arbeiten wird.
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