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Sind Sie gesichtsblind? Dieser Cambridge-Test verrät es

Gesichtsblindheit wird medizinisch „Prosopagnosie“ genannt. Die Wahrnehmungs- und Wiedererkennungsstörung macht es Betroffenen unmöglich, Personen allein anhand ihrer Gesichter zu erkennen. 

Betroffene können Gesichter sehen, nur verknüpfen ihre Gehirne bestimmte Merkmale des Gesichts nicht mit Personen. Selbst Gesichter, die sie im Alltag begleiten, wie die von Kollegen und Kolleginnen, Partnern und Partnerinnen, oder auch die der eigenen Kinder werden nicht korrekt wiedererkannt.

Gesichtsblindheit erkennen: Der Cambridge-Test gibt Aufschluss

Wie gut oder schlecht Ihre Fähigkeit zur Gesichtserkennung ausgeprägt ist, lässt sich mit einem wissenschaftlich geprüften und standardisierten Test überprüfen. Der Cambridge Face Memory Test ist online auf der Webseite der Birkbeck University of London frei verfügbar. 

Bei dem Test werden Ihnen bis zu sechs Gesichter von echten Menschen gezeigt, die Sie dann in einer Reihe mit fremden Gesichtern identifizieren müssen. Zum Ende des Tests werden die Merkmale der Gesichter zunehmend schwerer zu erkennen. Testergebnisse unter 60 Prozent deuten auf eine mögliche Gesichtsblindheit hin.

  • Hier geht es zum Cambridge Face Memory Test 

Das steckt hinter Gesichtsblindheit

Es wird angenommen, dass etwa jeder 50. Erwachsene unter einer angeborenen Gesichtsblindheit leidet. An der TU Dresden, wo zur Prosopagnosie geforscht wird, schätzt das Forschungsteam, dass sogar unter 40 Erwachsenen etwa eine Person eine angeborene Prosopagnosie hat. Was die Gründe und Ursachen für solche angeborene Formen ist, kann nicht gesagt werden. An der Ruhr-Universität Bochum weiß man, dass angeborene Gesichtsblindheit nicht mit Hirnschädigungen zusammenhängt, ob es genetische Merkmale gibt, die das Phänomen erklären, ist ebenfalls nicht bekannt.

Gesichtsblindheit kann auch später im Leben entstehen. Etwa durch Verletzungen bestimmter Hirnareale. Bisher sind drei Bereiche im Gehirn identifiziert, die für die Gesichtserkennung verantwortlich sind: die occipitalen und fusiformen Gesichtsareale im Hinterkopf und das vorderseitige Gesichtsareal im Schläfenlappen. Durch Schläge auf den Kopf und dadurch entstehende Traumata können diese Bereiche verletzt werden. Auch Schlaganfälle in den Gesichtsarealen gelten als mögliche Ursache bei der Entstehung von Gesichtsblindheit im späteren Leben.

Das bedeutet allerdings nicht, dass gesichtsblinde Menschen völlig hilflos sind. Sie entwickeln Strategien, um im Alltag zurechtzufinden, auch ohne die Gesichter ihrer Mitmenschen einfach wiedererkennen zu können. Stimme, Kleidung, Gestik und Habitus helfen ihnen etwa, Personen in ihrem Leben eindeutig zuordnen zu können.

Außerdem ist das Phänomen Gesichtsblindheit als Spektrum zu verstehen. Wie gut wir uns an Gesichter erinnern, diese im Gedächtnis behalten, vor unserem geistigen Auge visualisieren und bestimmten Personen zuordnen können, ist eine ganz individuelle Fähigkeit. Einige Menschen, die nicht gesichtsblind sind, haben mitunter Schwierigkeiten bei der Gesichtserkennung, während andere sich Gesichter problemlos merken können. Prosopagonstikern und Prosopagnostikerinnen stehen auf der anderen Seite des Spektrums Menschen gegenüber, die als Super-Gesichtserkenner oder Super-Recogniser bezeichnet werden können – sie vergessen einmal gesehene Gesichter nicht und können sich auch Jahre später noch erinnern, eine Person schonmal gesehen zu haben.

Gesichtsblindheit: So sieht die Welt für Betroffene aus

Gesichtsblinde Menschen nehmen Gesichter nicht als verschwommene Flecken wahr. Prosopagnosie beschreibt keine Blindheit und auch keine Sehschwäche. Die Wahrnehmungsstörung entsteht im Gehirn von Betroffenen, sie sehen Gesichter also ganz normal. Nur gibt es im Gehirn dann keine Verknüpfungen zwischen den optischen Informationen und Erinnerungen.

Prosopagnostiker und Prosopagnostikerinnen nehmen mitunter bestimmte Merkmale im Gesicht ihres Gegenübers wahr und können sich erinnern „Ja, das sind die buschigen Augenbrauen meines besten Freundes“ oder „Ich erkenne meinen Partner an der großen Nase“. Gesichtsblindheit kann sich bei einigen Menschen auch einfach dadurch bemerkbar machen, dass die Identifikation eines Gesichts sehr lange dauert. Bis Merkmale aus dem Gesicht ausgelesen werden, braucht es dann einige Zeit.

Wie Sie sich Gesichtsblindheit am ehesten vorstellen? Schauen Sie sich Bilder von Gesichtern kopfüber an. Sie werden merken, dass es Ihnen wesentlich schwerer fällt, spezifische Merkmale zu lesen und zuzuordnen. So oder so ähnlich ergeht es Menschen mit Gesichtsblindheit.

Hilfreiche Strategien gegen Gesichtsblindheit helfen

Personen, die Schwierigkeiten haben, Gesichter zu erkennen, entwickeln also bereits früh Strategien, um gesellschaftliche Fauxpas zu verhindern. Glücklicherweise sind wir alle mehr als unsere Gesichter. Unsere individuelle Persönlichkeit und das ganze Wesen lassen sich auch an anderen Merkmalen identifizieren. Dazu zählen:

  • Stimme
  • markante körperliche Merkmale wie Körperbau
  • Frisuren und Gesichtsbehaarung
  • Habitus
  • Gangart
  • Gestik
  • Kleidungsstil
  • körperliche Modifikationen wie Tattoos und Piercings
  • unsere Art zu Reden

All diese Merkmale machen uns zu den Menschen, die wir sind. Gesichtsblinde Personen können anhand solcher Charakteristika im engeren Familien- und Freundeskreis ganz leicht Dutzende Menschen eindeutig voneinander unterscheiden.

So kann Gesichtsblindheit behandelt werden

Es gibt keine spezifische Heilung für Gesichtsblindheit, aber es gibt einige Ansätze zur Bewältigung der Symptome:

  1. Therapie und das Training: Spezialisierte Therapeuten können Techniken anbieten, um die Fähigkeit zur Gesichtserkennung zu verbessern. Diese können das Erlernen von Strategien zur Identifizierung von Personen anhand anderer Merkmale wie Stimme, Körperhaltung oder Kleidung beinhalten.
  2. Verwendung von Hilfsmitteln: Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die Menschen mit Gesichtsblindheit unterstützen können. Zum Beispiel können Namensschilder, Fotobücher oder digitale Geräte helfen, Personen zu identifizieren und Erinnerungen an bestimmte Merkmale zu speichern.
  3. Unterstützung durch das soziale Umfeld: Familie, Freunde und Kollegen können dazu beitragen, indem sie sich bewusst sind und Verständnis zeigen. Indem sie Informationen über Personen bereitstellen und helfen, Situationen zu erleichtern, in denen die Gesichtserkennung wichtig ist, können sie den Betroffenen unterstützen.

Viele Menschen, die von Prosopagnosie betroffen sind, lernen erst im Laufe des Lebens, dass sie gesichtsblind sind. Wer von dem Krankheitsbild nichts weiß, findet andere Erklärungen für das eigene Verhalten und mögliche Probleme im zwischenmenschlichen Umgang. 

Gesichtsblinde Menschen werden womöglich als geistesabwesend, verträumt, arrogant oder in öffentlichen Situationen als überfordert wahrgenommen. Denn wer die Gesichter von Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen und -kolleginnen beim Bummeln in der Stadt nicht erkennt, grüßt nicht zurück, lässt sich eher nicht auf Gespräche ein und reagiert mitunter verhalten auf ungeplanten Kontakt.

Ist Gesichtsblindheit ein Symptom von Long-COVID?

Die Corona-Pandemie hat die Welt verändert. Es wird noch lange dauern, bis wir die Krankheit verstanden haben. Welche Langzeitfolgen Infektionen haben können, zeigt sich an Long-COVID und Post-COVID-Syndromen. Mitunter treten Spätfolgen der Erkrankung auf, die unerklärlich und unzusammenhängend erscheinen. Wie genau die Wirkungsmechanismen sind, die nach einer überstandenen Infektion etwa zu Gedächtnisschwächen und „Brain Fog“ oder Fatigue führen, müssen Studien zeigen.

Es ist auch von Fällen bekannt, bei denen Menschen nach einer Corona-Erkrankung gesichtsblind wurden. Ob Prosopagnosie aber ein mögliches neues Symptom von Long-COVID oder Post-COVID ist, ist unklar. Da eine Coronainfektion aber offenbar Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten von Betroffenen haben kann, darf nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Gesichtserkennungsfähigkeiten nach einer Infektion in Mitleidenschaft gezogen werden können.

Das Original zu diesem Beitrag "Gesichtsblindheit: Test" stammt von vital.de.