
Vertrauenskrise: Nur jeder 5. ist zufrieden mit dem deutschen Gesundheitssystem
Das Vertrauen in das deutsche Gesundheitssystem und die Politik ist gering, ebenso die Zufriedenheit mit diesen Bereichen. Das zeigt die neue Studie „BCN Deutschland-Puls“ des Crossmedia-Vermarkters BCN, die ein umfassendes Stimmungsbild zu aktuellen Gesundheitsthemen liefert. Die Ergebnisse wurden erstmals auf dem BCN Health Lab 2025 am 3. Juli in München vorgestellt. Die Studie soll künftig jährlich erscheinen.
Zentrale Ergebnisse:
• Das Vertrauen und die Zufriedenheit der Menschen in das deutsche Gesundheitssystem und die Gesundheitspolitik sind gering. 53 Prozent der Befragten finden: Es braucht eine grundlegende Veränderung in der Gesundheitspolitik.
• Digitale Gesundheitslösungen werden von der Bevölkerung gut angenommen: Die elektronische Patientenakte (ePA) kennen 88 Prozent. 65 Prozent haben bereits ein E-Rezept eingelöst. Insbesondere die ePA wird jedoch nicht durchweg positiv bewertet – 30 Prozent sorgen sich um den Datenschutz.
• Dem Einsatz von KI im Gesundheitswesen stehen die Menschen eher skeptisch gegenüber. 67 Prozent sind der Meinung, dass KI den Menschen in der Medizin nie ersetzen wird.
• Nicht jeder vertraut den Impfstoffen in Deutschland (55 Prozent). Die Angst vor Nebenwirkungen oder unzureichende Forschung sind Gründe dafür. Nur die Hälfte würden die Corona-Impfungen im Nachhinein als richtig und wichtig bewerten.
Vertrauenskrise im Gesundheitssystem und der Politik
Das deutsche Gesundheitssystem und die Gesundheitspolitik stehen unter Druck. Nur 22 Prozent vertrauen dem Gesundheitssystem in Deutschland – noch weniger (14 Prozent) der Gesundheitspolitik.
Auch die Zufriedenheit ist gering: Lediglich 20 Prozent sind aktuell mit dem Gesundheitssystem und nur zwölf Prozent mit der Gesundheitspolitik zufrieden.
Auffällig ist hier der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Frauen sind deutlich weniger zufrieden mit dem aktuellen System (16 Prozent der Frauen im Vergleich zu 24 Prozent der Männer) und vertrauen ihm auch weniger (19 Prozent der Frauen, 26 Prozent der Männer). Ein möglicher Erklärungsansatz ist der viel diskutierte Gender Health Gap, der Frauen in der Medizin strukturell benachteiligt und sich negativ auf deren Wahrnehmung des Systems auswirkt.
Die Zahlen zeigen, dass die Politik und das System die Menschen nicht zufriedenstellen. Das hat mehrere Gründe: 45 Prozent meinen, das deutsche Gesundheitssystem verursacht zu hohe Kosten und 53 Prozent fordern grundsätzliche Veränderungen in der Gesundheitspolitik. Viele sorgen sich konkret vor weiter steigenden Krankenkassenbeiträgen (55 Prozent) und befürchten, dass sie sich den Versicherungsschutz im Alter nicht mehr leisten können (34 Prozent). Diese Sorgen trüben auch das Vertrauen in die Krankenkassen: Nur die Hälfte der Menschen (50 Prozent) vertrauen ihrer Krankenversicherung. Das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung finden 29 Prozent gut.
Was sich die Menschen in Deutschland wünschen
Die meisten Befragten fordern vom Gesundheitssystem
- eine schnellere Terminvergabe bei Fachärzten (84 Prozent),
- die Erhöhung der Qualität der medizinischen Versorgung (75 Prozent) und
- mehr Prävention und Gesundheitsförderung (64 Prozent).
Digitalisierung: Zwischen Fortschritt und Datenschutzsorgen
Im Bereich der digitalen Gesundheitslösungen hat sich in letzter Zeit viel getan. Ende April 2025 wurde die elektronische Patientenakte (ePA) eingeführt, die wichtige Gesundheitsdaten wie Befunde oder Medikationslisten digital bereitstellt. Einem Großteil der Befragten (88 Prozent) ist die ePA bereits bekannt. Das Feedback dazu ist allerdings gemischt. Immerhin 46 Prozent geben an, dass die ePA den Arztbesuch vereinfachen wird und 44 Prozent sind der Meinung, dass sie einen entscheidenden Fortschritt in der Gesundheitsvorsorge darstellt. 24 Prozent bewerten die ePA jedoch kritisch und 30 Prozent machen sich Sorgen hinsichtlich des Schutzes ihrer persönlichen Daten.
Das E-Rezept ist bereits seit Anfang 2024 im Einsatz. Damit können Rezepte digital über die Krankenkassen-Karte ausgestellt und eingelöst werden. 65 Prozent der Befragten haben das E-Rezept bereits genutzt. Während 58 Prozent der Meinung sind, dass das E-Rezept die Besorgung von rezeptpflichtigen Medikamenten vereinfacht und über die Hälfte (52 Prozent) dem E-Rezept vertraut, äußern 19 Prozent Bedenken bezüglich des Datenschutzes und 11 Prozent finden, das E-Rezept sollte wieder abgeschafft werden.
Auch im Gesundheitsbereich spielt Künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle. Die Befragten sind sich allerdings recht einig: In der Medizin wird die KI den Menschen nie ersetzen können (67 Prozent). 33 Prozent sehen den Einsatz von KI in der Medizin als positiv und 30 Prozent sind überzeugt, dass KI das Gesundheitswesen maßgeblich verbessern wird.
Trotz hoher Bekanntheit: Vertrauen in Impfungen ist labil
Bei der Frage nach der Bekanntheit von Impfungen führt wenig überraschend Covid-19 die Liste an (95 Prozent), dicht gefolgt von Impfungen gegen Grippe (90 Prozent) und Tetanus (90 Prozent). Auch wenn viele Impfungen sehr bekannt sind, vertraut ihnen nicht jeder: Nur 55 Prozent sprechen den Impfstoffen in Deutschland ihr Vertrauen aus. 17 Prozent beschreiben sich als eher ängstlich, was das Thema Impfstoffe angeht.
Als Gründe dafür werden die Angst vor eventuellen Nebenwirkungen (69 Prozent), nicht ausreichende Forschung (60 Prozent) oder fehlende Langzeitstudien genannt (51 Prozent). Hier zeigt sich ein Gap zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit. Es scheint nicht hinreichend bekannt zu sein, dass die allermeisten Impfstoffe in Langzeitstudien erprobt wurden und eine sehr hohe Wirksamkeit besitzen.
Nur 51 Prozent der Befragten halten die Corona-Impfung rückblickend für richtig und wichtig. Das könnte daran liegen, dass das Virus aus heutiger Sicht nicht mehr als bedrohlich empfunden wird. Eine gesellschaftliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie ist deshalb umso wichtiger.
BCN Deutschland-Puls als fundierte Entscheidungshilfe
Susanne Müller (BCN Geschäftsführerin Märkte) betont den Mehrwert des BCN Deutschland-Puls: „Die Studie zeigt: Das Vertrauen der Menschen bei diversen Gesundheitsthemen ist ausbaufähig. Hier ist die Politik oder auch eine Aufklärung durch Medien gefragt. Vertreterinnen und Vertreter aus Medien, Pharma, Forschung, Politik und Wirtschaft können dabei einen entscheidenden Beitrag leisten. Die Studienergebnisse liefern eine fundierte Grundlage, um die Stimmungslage zu aktuellen Gesundheitsthemen einzuschätzen und entsprechend handeln zu können.“
Methode der Studie
Datenbasis der Studie ist eine Online-Befragung von 2000 Personen (Online-Nutzerinnen und -Nutzer ab 16 Jahren, repräsentativ zur deutschen Bevölkerung hinsichtlich Alter, Geschlecht und Bildung (laut b4p 2024 II), Befragungszeitraum: Mai-Juni 2025). Die Studie ist angereichert mit Daten aus b4p (2024), b4p extra “Gesundheit” (2024) und b4p trends „Medienvertrauen/Fake News (2025).
Neben aktuellen Sichtweisen auf das Gesundheitssystem, die Gesundheitspolitik, digitale Gesundheitslösungen, KI und Impfungen behandelt die Studie die Themen Longevity, Nahrungsergänzungsmittel, Gesundheitsmedien, Apotheken und Arzneimittel.
Hinweis: FOCUS online gehört zu Hubert Burda Media und wird vom BCN vermarktet.