• Öffnungszeiten

    Öffnungszeiten

    09:00 Uhr bis 18:00 Uhr

Blogdetails

Bild

Der Fall Wulff: 3 Hochzeiten und kein Happy End

Die Beziehung von Christian und Bettina Wulff begann im Rampenlicht. Beide nutzten die Medien bewusst, um ein Bild der modernen Patchwork-Familie zu zeichnen, was zunächst positive Resonanz brachte.

Doch die mediale Präsenz kann für prominente Paare auch belastend sein. Bettina Wulff sagte rückblickend: "Wir waren als Paar von Beginn an einem starken Druck ausgesetzt." Die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit ließen offenbar wenig Raum für Schwächen oder private Krisen. Als 2011/2012 die Kredit- und Vorteilsaffäre um Christian Wulff bekannt wurde, wandelte sich die Bewunderung in Kritik, und der öffentliche Druck nahm zu.

Klaus Müller, Theologie-Professor und Publizist, analysierte den Fall Wulff so: Die Eheleute hätten die Regeln der Medien unterschätzt und geglaubt, ihre Darstellung kontrollieren zu können. Wer jedoch den Medien Zugang gewährt, riskiert, von negativer Berichterstattung überrollt zu werden. Genau das geschah: Die Beziehung stand nicht mehr im Licht wohlwollender Bewunderung, sondern im Sturm der Häme.

Interessant ist, wie unterschiedlich beide mit dieser Phase umgingen. Bettina Wulff stand bei der Rücktritts-Pressekonferenz einen Schritt abseits ihres Mannes. Später gab sie offen zu, sich "ganz bewusst ein wenig abseits gehalten" zu haben, um die Diskrepanz zwischen ihnen aufzuzeigen. In ihren Memoiren "Jenseits des Protokolls" beschrieb Bettina Wulff ihre Enttäuschung über den Verlauf der Ehe. Christian Wulff hingegen betonte noch im Sommer der Trennung 2013 öffentlich seine Liebe zu Bettina und zeigte Verständnis für ihren Rückzug. Hier zeichnete sich bereits eine besondere emotionale Dynamik ab: Wer brauchte wen mehr? Christian Wulff hing stärker an seiner Frau als umgekehrt.

Narzissmus oder kein Narzissmus?

Narzisstische Anteile sind besonders auf dem politischen Parkett keine Seltenheit. Wer sich in diesem Umfeld behaupten will, braucht ein gewisses Maß an Selbstinszenierung, Präsenz und dem Wunsch, gesehen zu werden – Eigenschaften, die in der Politik sogar notwendig sind, um überhaupt gewählt zu werden. Auch bei Christian und Bettina Wulff war spürbar, dass sie die öffentliche Aufmerksamkeit durchaus genossen.

Doch: Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung ist etwas grundlegend anderes – mit deutlich tiefergehenden Mustern und Folgen. Was genau dahinter steckt, erkläre ich in meinem Artikel „Bin ich ein Narzisst?“.

Vergötterung und Abhängigkeit – das emotionale Wechselspiel

Auffällig ist, wie stark Christian Wulff seine Frau zeitweise idealisierte. Er liebte sie sehr. Er kam nicht von ihr los. Sie war seine Traumfrau. Tatsächlich ließ Wulff für Bettina einst seine erste Ehe hinter sich und schien sie zeitweise auf ein Podest zu heben. Christian Wulff wirkte so, als habe er in Bettina die perfekte Ergänzung gefunden – "seine Traumfrau", die all das verkörperte, was er sich wünschte. Ohne sie konnte und wollte er nicht sein.

Für Bettina Wulff dürfte diese Idealisierung vorerst attraktiv gewesen sein. Wer würde sich nicht geschmeichelt fühlen, vom Partner auf Händen getragen zu werden? Zudem eröffnete die Ehe mit einem Staatsoberhaupt ihr selbst Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung. Die Zugehörigkeit zu einem erfolgreichen Partner kann identitätsstiftend wirken.

Doch das Wechselspiel aus Idealisierung und Abhängigkeit hat eine Kehrseite: Idealbilder halten der Realität selten stand. Als der öffentliche und persönliche Druck auf Christian Wulff wuchs, könnte auch Bettina Wulffs Bild von ihrem Mann ins Wanken geraten sein. Möglicherweise war es ihre Enttäuschung, die sich schließlich öffentlich entlud – sie verließ ihn Anfang 2013, als sein beruflicher Absturz besiegelt war. Bettina Wulff zog sich möglicherweise zum Selbstschutz und aus Ernüchterung zurück.

Interessanterweise folgte einige Zeit später eine Rückkehr in die alte Beziehung. 2015 fanden Christian und Bettina Wulff wieder zusammen und heirateten erneut. Was trieb beide zurück? Co-abhängige Beziehungen zeichnen sich durch einen Zyklus von Trennung und Versöhnung aus. Die gegenseitige emotionale Verstrickung ist so groß, dass man nur schwer voneinander loskommt – selbst nach Verletzungen.

Christian Wulff wirkte in dieser Phase wie der klassische Co-Narzisst, der die Hoffnung nicht aufgibt: Seine Loyalität zu Bettina blieb trotz allem bestehen. Er schien nach wie vor zu glauben, die Beziehung retten zu können, wenn er sich nur genug bemühte. Bettina Wulff beschrieb später allerdings, sie habe "das schmerzhafte Gefühl gehabt, am falschen Platz zu sein". Dieses Eingeständnis deutet darauf hin, dass die tieferliegenden Probleme nicht gelöst waren. Das alte Machtgefälle und die gegenseitigen Enttäuschungen könnten einer echten Partnerschaft auf Augenhöhe im Weg gestanden haben. 2018 trennte sich das Paar, um 2023 das dritte Mal zu heiraten. Aktuell gehen die beiden getrennte Wege.

Bei den Wulffs könnte die öffentliche Inszenierung so viel Kraft absorbiert haben, dass wenig Raum für authentisches Miteinander blieb. Öffentliches Rampenlicht und private Bedürfnisse vermischten sich möglicherweise zu einer Mischung aus Vergötterung, Erwartungsdruck und emotionaler Abhängigkeit. Die Beziehung von Christian und Bettina Wulff endete ohne Happy End.

Die Erfahrungen der Wulffs regen dazu an, bei aller Faszination für glanzvolle Paare stets hinter die Kulissen zu blicken. Nur so lässt sich verstehen, dass auch hinter einem strahlenden "Traumpaar" komplexe psychologische Kräfte am Werk sein können – fernab von Boulevardklischees, und mit sehr realen menschlichen Folgen.