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Die unterschätzte Volkskrankheit: Jeder vierte Deutsche hat eine Fettleber – das kann man dagegen tun

Für „Karin85“ ist ihr Gewicht ein „lästiges Problem“. Die 24-Jährige ist 1,65 Meter groß und wiegt 82 Kilogramm, als sie in ein Abnehm-Internetforum schreibt: „Die ,ist-mir-egal-Phase’ muss jetzt aber vorbei sein, weil die Diagnose FETTLEBER gestellt wurde“. Sie fragt: „Kennt sich da jemand aus?? Was tut Ihr?“

Jeder vierte deutsche Erwachsene hat laut Statistiken eine Fettleber, die in Zusammenhang mit Stoffwechselerkrankungen wie Übergewicht oder Diabetes auftritt. Bis 2023 lautete der Fachbegriff dafür noch „nicht-alkoholische Fettlebererkrankung“, inzwischen wird sie medizinisch korrekt als „Metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatotische Lebererkrankung“, kurz: MASLD, bezeichnet.

Jedes dritte übergewichtige Kind hat schon eine Fettleber.

Elke Roeb, Gastroenterologin

„Das Problem ist, dass die Leber nicht wehtut“, sagt Franz Ludwig Dumoulin, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin im Gemeinschaftskrankenhaus Bonn. Die wenigsten Betroffenen klagten über Schmerzen im Oberbauch. „Die meisten Patienten mit Fettleber haben sie als Bestandteil einer anderen Erkrankung“, so der Experte. Neben Übergewicht oder Diabetes könnten das zum Beispiel auch Bluthochdruck oder eine Fettstoffwechselstörung sein. Die Mehrheit seiner Patienten würde die Diagnose „Fettleber“ deshalb nicht schockieren, berichtet Dumoulin.

Eine Leber wie bei einer Stopfgans

Nach Angaben der Medizinerin Elke Roeb, Vorsitzende des Kuratoriums der Deutschen Leberstiftung, haben drei Viertel der Fettleber-Betroffenen Adipositas, also starkes Übergewicht mit einem Body Mass Index über 30. „Jedes dritte übergewichtige Kind hat auch schon eine Fettleber“, sagt Roeb, die die Abteilung Gastroenterologie am Universitätsklinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen leitet.

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Schlank zu sein schütze aber nicht vor einer Fettleber, so die Ärztin. Ein Viertel der Betroffenen ist der Medizinerin zufolge normalgewichtig. Bei diesen Betroffenen liege häufig eine Störung im Fett- oder Zuckerstoffwechsel vor.

Bei einer verfetteten Leber sind im Ultraschall kaum noch Gefäße sichtbar.

Elke Roeb, Gastroenterologin

Eine verfettete Leber kann demnach das Doppelte ihrer normalen Größe erreichen und bekommt ein helles, teigiges Aussehen. Diagnostiziert wird sie über erhöhte Leberwerte und mithilfe einer Ultraschalluntersuchung. „Im Ultraschall sind dann kaum noch Gefäße sichtbar“, beschreibt Roeb. Das Aussehen erinnert an eine Foie gras, eine Stopfgans-Leber.

Ernste Folgeerkrankungen drohen

„Die Leber verfettet als Reaktion auf Schäden“, sagt Roeb, die auch Erstautorin der Leitlinie zur Fettlebererkrankung ist. Mit Fortschreiten der Erkrankung drohe den Patienten eine Entzündung der Leber, dann eine Fibrose, also eine beginnende Verhärtung, oder gar im fortgeschrittenen Stadium eine Zirrhose der Leber. In diesem Zustand sind bereits große Teile der Leberzellen zerstört und durch Bindegewebe ersetzt worden, sodass das Organ seine normalen Funktionen nicht mehr ausüben kann.

So weit muss es jedoch nicht kommen. Nur 10 bis 30 Prozent derer, die eine Fettleber hätten, entwickelten eine Entzündung der Leber, sagt Gastroenterologin Roeb. Von den Patienten mit einer Entzündung wiederum entwickelten nur wenige eine Fibrose oder Zirrhose. „Aber“, so die Expertin, „auch eine Fettleber und eine Leberentzündung können schwere Folgen haben“. Leberkrebs zum Beispiel entstehe häufig auf dem Boden einer Fettleber, ohne dass bereits eine Zirrhose vorlag.

Zur Behandlung einer Fettleber setzen Ärzte laut Roeb vor allem beim Lebensstil an: „Nur für die Indikation Fettleber gibt es in Deutschland keine Medikamente.“ Seinen Lebenswandel zu verändern bedeute vor allem dreierlei: Erstens sein Gewicht zu reduzieren oder das gesunde Gewicht zu halten, zweitens sich täglich zu bewegen – und zwar mindestens 150 Minuten in der Woche, und drittens eine lebergesunde Ernährung zu beginnen.

150
Minuten Bewegung in der Woche können zu einer Verbesserung der Fettleber führen

Bewegung sollte man, wann immer möglich, in den Alltag einbauen: Also statt den Aufzug zu nehmen lieber Treppen zu steigen, in der Mittagspause einen Spaziergang anzuhängen oder eine Station eher aus dem Bus oder der Bahn auszusteigen, um den Rest zu laufen. „Studien zufolge führen schon 150 Minuten Bewegung in der Woche zu einer Verbesserung der Fettleber“, sagt Roeb.

Die Ernährung umzustellen, fällt den meisten schwer

Ein User namens „aligator“ berichtet in einem Internet-Forum, dass er von seinem Arzt die Diagnose Fettleber bekommen habe, nachdem er „mit starkem Aufstoßen zu tun hatte“. Sein Arzt rate ihm dringend, seine Ernährung umzustellen, doch „aligator“ zweifelt: „Aber bringt das bei einer Fettleber wirklich was? Kann sich die Leber dadurch ,entfetten’?“ fragt er?

Internist Dumoulin betont: „Die Ernährung spielt eine riesige Rolle.“ Auch Roeb ist davon überzeugt. Bei der Ernährung komme es darauf an, auf industriell verarbeitete Lebensmittel wie Fertigmahlzeiten weitestgehend zu verzichten und stattdessen viele gesunde Eiweiße, ungesättigte Fettsäuren sowie Ballaststoffe zu sich zu nehmen und wenige Kohlenhydrate. Süßigkeiten und Snacks sollten nur selten genascht werden.

Das heißt konkret: Viel Gemüse und Obst zu essen – etwa fünf Portionen pro Tag –, Brot, Nudeln und andere Getreideprodukte am besten aus Vollkorn und höchstens vier Portionen am Tag. Orientierung bietet die Ernährungspyramide, nach der ebenfalls höchstens vier Portionen von Milchprodukten, Fisch, Fleisch oder Eiern auf dem täglichen Speiseplan stehen sollten.

Für eine lebergesunde Ernährung spielen außerdem gesunde Fette und Öle eine Rolle. Statt zu Limonaden und Säften sollten Betroffene lieber zu Wasser, Tee und Kaffee greifen – alles ohne Zucker.

„Die drei größten Gefahren bei einer Fettleber sind Rauchen, Alkohol und Junkfood“, ergänzt die Expertin. „Sie erhöhen das Gesundheitsrisiko massiv.“

Roebs Erfahrung ist allerdings, dass viele Menschen in ihrem Lebensstil gefangen sind und Änderungen sehr schwer fallen. „Sie bewegen sich kaum, essen teilweise viel zu große Portionen und kalorienhaltige Snacks zwischendurch und greifen zu Fertigmahlzeiten“, so die Ärztin. Rund jeder zehnte Patient schaffe es immerhin, seinen Lebensstil zu ändern und verzeichne immer gesündere Blutdruck-, Blutfett- und Leberwerte.

„Wir fordern mehr Prävention, und zwar schon im Vorschul- und Schulalter“, sagt Roeb. Es müsse schon den Jüngsten beigebracht werden, was gesunde Ernährung bedeute. „Und wir müssen klarmachen, dass Übergewicht keine Normvariante ist, sondern vermieden werden sollte.“ (KNA)