
„Ernstes gesundheitliches Problem“: Kinder aus ärmeren Familien deutlich häufiger stark übergewichtig
Neue Daten zu Adipositas: Kinder aus ärmeren Familien sind häufiger stark übergewichtig als Mädchen und Jungen aus wirtschaftlich besser gestellten Schichten. Bei Kindern aus sozial schwachen Familien wurde die Diagnose Adipositas im Jahr 2023 zu rund 36 Prozent häufiger gestellt, wie Daten der Krankenkasse DAK belegen, die der Nachrichtenagentur AFP am Freitag vorlagen. Bei Mädchen ist dieser Trend mit 39 Prozent noch ausgeprägter als bei Jungen.
Kinderärztinnen und -ärzte sehen ein „ernstes gesundheitliches Problem“ und bewerten den Zusammenhang zwischen Adipositas und sozialer Ungleichheit als „alarmierend“.
Adipositas kann zu zahlreichen Folgeerkrankungen führen. Dies sind beispielsweise Herzkreislauferkrankungen oder Diabetes Typ zwei. Adipöse Menschen leiden zudem häufiger unter chronischen Rückenschmerzen. Die Gelenke – vor allem Hüften, Knie und Füße – sind überlastet. Viele Bewegungsabläufe sind dadurch zunächst unangenehm und dann schmerzhaft. Hinzu kommt Medizinern zufolge ein deutlich erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Schlafapnoe, Arthritis und Depressionen.
Die hohe Zahl von Kindern und Jugendlichen, die mit Adipositas in Behandlung sind, gibt uns Anlass zur Sorge.
Andreas Storm, DAK-Chef
Insgesamt bleibt die Zahl stark übergewichtiger Kinder in Deutschland auf einem hohen Niveau. 2023 wurden bundesweit hochgerechnet rund 470.000 Mädchen und Jungen mit einer Adipositasdiagnose in Arztpraxen und Krankenhäusern behandelt, wie aus dem aktuellen DAK-Kinder- und Jugendreport hervorgeht. Das entsprach 4,6 Prozent aller Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren.
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Zum Vergleich: 2023 befanden sich 5,5 Prozent der Kinder aus ärmeren Familien mit der Diagnose Adipositas in Behandlung. Bei Kindern aus höheren sozialen Schichten waren es vier Prozent. Die Häufigkeit der Fälle von starkem Übergewicht entsprach in etwa jener des Jahres 2019, also vor der Pandemie, als rund 450.000 Kinder und Jugendliche betroffen waren.
Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Michael Hubmann, nannte den Zusammenhang zwischen Adipositas und sozialer Ungleichheit „alarmierend“. Er forderte politische Maßnahmen, „die gesunde Lebensmittel erschwinglicher machen und gleichzeitig den Zugang zu ungesunden, hochverarbeiteten Produkten erschweren“. Dringend nötig seien zudem Aufklärungskampagnen, der Ausbau von Sport- und Freizeitangeboten sowie eine Verbesserung der Ernährungskompetenz in Schulen und Kitas.
„Die hohe Zahl von Kindern und Jugendlichen, die mit Adipositas in Behandlung sind, gibt uns Anlass zur Sorge“, sagte DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Adipositas ist bedenklich. Wir brauchen passgenaue Präventionsangebote in unseren Schulen, die Gesundheitskompetenz und Ernährungsbewusstsein vermitteln.“
Für die Sonderanalyse im Rahmen des DAK-Kinder- und Jugendreports untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Beratungsgesellschaft Vandage und der Universität Bielefeld Abrechnungsdaten von rund 800.000 bei der Kasse versicherten Kindern und Jugendlichen.
Der Fokus der Analyse lag auf der Altersspanne fünf bis 17 Jahre. Untersucht wurde das Zeitfenster von 2018 bis 2023 mit jährlich über sieben Millionen ambulanten Arzt- und Therapeutenbesuchen, Krankenhausaufenthalten und Arzneimittelverschreibungen. (lem)