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Sonderermittlerin Margaretha Sudhof: Das ist die Frau, die Spahn in Bedrängnis bringt

Margaretha Sudhof hat schmale Schultern. Im Juli 2024 stellte der damalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die heute 66-Jährige dennoch als Herkules vor, der den Augiasstall Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun mal so richtig aufräumt. „Sie mistet jetzt aus, dabei geht sie in jeden Winkel“, sagte Lauterbach.

Als Sonderermittlerin sollte die ehemalige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium und langjährige Spitzenbeamtin aufklären, welche Versäumnisse es im BMG unter dem früheren Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Maskenbeschaffung in der Corona-Pandemie gegeben hat.

Eine Karriere in der zweiten Reihe

Diesen Auftrag hat Sudhof mit Bravour erledigt. Ihr Untersuchungsbericht, der seit vergangener Woche auch ohne Schwärzungen im Netz steht, setzt Unionsfraktionschef Jens Spahn derzeit mächtig unter Druck.

Am Dienstag nun wird Sudhof dazu im Haushaltsausschuss aussagen. Für sie, die eigentlich lieber in der zweiten Reihe etwas im Hintergrund arbeitet, ist es ein ungewohnter Auftritt im Rampenlicht.

Dass Sudhofs Untersuchung so viel Wirbel verursachen würde, war im Juli 2024 eher nicht absehbar. Lauterbach entschloss sich eher widerwillig, Sudhof zu beauftragen. Zuvor hatte das BMG vor dem Oberverwaltungsgericht Köln spektakulär gegen einen Maskenhändler verloren. Nach diesem Grundsatzurteil stand im Raum, dass der Bund noch über hundert Maskenlieferanten Geld überweisen muss. Die mögliche Schadenssumme: 2,3 Milliarden Euro.

Für promovierte Juristin Sudhof muss Masken-Chaos ein Schock gewesen sein

Für Margaretha Sudhof dürfte sich die Arbeit an ihrem Bericht tatsächlich schnell wie eine Herkulesaufgabe angefühlt haben. Im Bundesgesundheitsministerium fand sie viele Verträge mit Maskenlieferanten nicht ordentlich in Akten, sondern in losen Blattsammlungen vor. Andere entscheidende Dokumente befanden sich bei einem externen Dienstleister, dem Beratungsunternehmen EY.

Für die promovierte Juristin Sudhof muss dieses Chaos ein Schock gewesen sein. Im Laufe ihrer langen Karriere war Sudhof unter anderem Referatsleiterin in der Hessischen Staatskanzlei und dem Kanzleramt. Von 2012 bis 2019 war sie Staatssekretärin in der Finanzverwaltung des Berliner Senats. Danach wurde sie Staatssekretärin im Bundesjustiz- und Bundesverteidigungsministerium.

Sudhof weiß genau, wie ordentliche Verwaltungsarbeit geht. Zugleich bringt sie passende Eigenschaften für den Job als Sonderermittlerin mit. Berliner Weggefährten beschreiben sie als vertrauenswürdig – ihr Vorgehen habe Hand und Fuß. Sie sei stets gut im Stoff. Sie gilt als energisch und tough. Sie sei bereit, Konflikte einzugehen, heißt es.

Sudhof hat sich angreifbar gemacht

Jens Spahn qualifiziert ihre Arbeit gerne als parteipolitische Angriffe einer früheren Ampel-Staatssekretärin herab. Sudhof ist tatsächlich SPD-Mitglied. Sie versteht sich aber nicht als Politikerin, sondern als politische Beamtin. Als solche arbeitete sie auch mit den CDU-Ministern Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière zusammen. In zwei Punkten hat sich Sudhof allerdings angreifbar gemacht.

So gibt Jens Spahn an, für ihren Bericht nicht befragt worden zu sein. In der Zusammenfassung wirft Sudhof dem CDU-Politiker in einer sehr wertenden Sprache vor, als „Team Ich“ ein „Drama in Milliardenhöhe“ ausgelöst zu haben. Klassische Berichtssprache ist das nicht.

Ansonsten aber weist Sudhof Spahn akribisch Versäumnisse nach. Sie zeigt auf, dass er die eigentlich zuständigen Beschaffungsbehörden des Innen- und des Verteidigungsministeriums an den Rand drängte. Spahn beschaffte ohne Überblick über die bestellten Mengen und oft zu überhöhten Preisen rund 20-mal mehr Masken als vorgesehen, von denen rund zwei Drittel nie zur Bekämpfung der Pandemie eingesetzt wurden – ein Schaden in Milliardenhöhe für den Steuerzahler.

Wenn Sudhof nun am Dienstag im Haushaltsausschuss aussagt, könnte es vor allem an zwei Stellen gefährlich für Spahn werden. Der CDU-Politiker gibt an, dass er stets im Einklang mit dem gesamten Bundeskabinett Masken beschafft hat. Sudhof schreibt in ihrem Bericht aber, dass sie nicht klären konnte, ob der damalige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) Spahn seine Zustimmung gegeben hat, bevor Spahn am Wochenende des 7. und 8. März 2020 Anbahnungsgespräche mit Maskenhändlern und dem Logistiker Fiege führte.

Spahn behauptet zudem, dass er in die Vertragsverhandlungen mit Maskenhändlern nicht involviert war. Doch in ihrem Bericht weist Sudhof in bisher geschwärzten Fußnoten nach, dass sich seine Beamten bei Spahn rückversicherten, bevor sie ein besonders teures Maskengeschäft mit dem Schweizer Lieferanten Emix abschlossen.

Die Antworten der Sonderermittlerin dazu werden mit Spannung erwartet.

Das Original zu diesem Beitrag "Sonderermittlerin Margaretha Sudhof: Das ist die Frau, die Spahn in Bedrängnis bringt" stammt von Tagesspiegel.